10 Feb Mietrecht: Mietminderung bei neuer Sportanlage vor der Haustür
Der Stellenwert von Kindern und Fußball in unserer Gesellschaft stand in einer Entscheidung des BGH im vergangenen Jahr auf dem Prüfstand. Langjährigen Mietern einer Erdgeschosswohnung mit Terrasse wurde im Jahr 2010 in etwa 20 Meter Entfernung ein Bolzplatz einer benachbarten Schule buchstäblich vor die Nase gesetzt. Kinder im Alter bis zu 12 Jahren sollen nach der Beschilderung des Schulträgers von Montag bis Freitag bis 18:00 Uhr das Areal nutzen dürfen. Die Mieter fühlten sich vor allem dadurch gestört, dass auch außerhalb der genannten Zeiten der Bolzplatz genutzt wurde und minderten daher ihre Miete um 20%. Diese Mietminderung hielten die Vermieter für unberechtigt und klagten.
Die Richter aus Karlsruhe entschieden, „dass nachteilige Einwirkungen auf die Mietsache von außen – sogenannte „Umweltmängel“ – zwar Gegenstand einer Vereinbarung über die Beschaffenheit der Mietwohnung sein können, so dass im Laufe der Zeit eintretende nachteilige Änderungen wegen eines Zurückbleibens der vereinbarten hinter der tatsächlich bestehenden Beschaffenheit zu einem Mangel der Mietsache führen können. Allerdings kann […] bei Fehlen ausdrücklicher Vereinbarungen nicht ohne konkrete Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, die Mietvertragsparteien hätten gleichwohl den bei Vertragsschluss vorgefundenen Wohnstandard zumindest stillschweigend dahin festlegen wollen, dass dieser Zustand sich in Bezug auf Umwelteinflüsse über die Dauer des Mietverhältnisses hinweg nicht nachteilig verändern darf und der Vermieter seinen Fortbestand jedenfalls im Wesentlichen zu garantieren hat.“ Solche konkreten Anhaltspunkte waren dem vorliegenden Fall nicht zu entnehmen.
Fehlt eine derartige Vereinbarung im Mietvertrag, so stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang der Mieter ein nachträglich verändertes Maß an Geräuschimmissionen hinzunehmen hat, ohne sich auf einen Mangel des Mietobjektes berufen zu können. Diese Frage ist nach Auffassung des BGH im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung unter Rückgriff auf die Verkehrsanschauung zu beantworten. Nach Ansicht der Karlsruher Richter hat ein Vermieter nicht dafür einzustehen, dass sich ein bei Vertragsschluss hingenommenes Maß an Geräuschen vom Nachbargrundstück nicht nachträglich vergrößert, wenn er diese Geräusche selbst gegenüber dem Nachbarn entschädigungslos gemäß § 906 Abs. 1 BGB zu dulden hätte. Schließlich hätte der Mieter vom Vermieter Unmögliches auch dann nicht verlangen können, wenn die Vertragsparteien das Ansteigen der Geräuschkulisse Vertragsschluss bedacht hätten. Er hätte in diesem Fall lediglich verlangen können, dass der Vermieter einen von ihm nicht mehr zu duldenden Geräuschanstieg gegenüber dem Dritten abwehrt oder ihm eine Minderung zubilligt, wenn auch er selbst von dem Dritten für eine wesentliche, aber als ortsüblich zu duldende Störung einen Ausgleich verlangen kann.
Der BGH ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass kein Mangel der Mietsache vorliegt, wenn auch der Vermieter selbst die Belästigungen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeiten als Orts üblich oder unwesentlich hinnehmen müsste.
Kurz: Neu auftretender Lärm berechtigt nicht per se zu Mietkürzungen. Lebensäußerungen von Kindern sind dem BGH zufolge sowieso zu akzeptieren, denn „Kinderlärm ist Musik“.
BGH, VIII ZR 197/14